Turfschwindel - Edgar Wallace - ebook

Turfschwindel ebook

Edgar Wallace

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Opis

Die junge Edna Gray kommt nach dem Tod ihres Vaters aus Argentinien zurück nach England. Edna möchte ihr Leben auf dem Landsitz Ihrer Familie verbringen, doch es gibt Personen, die etwas dagegen haben. Das gefällt dem bisherigen Pächter Elijah Goodie überhaupt nicht. Der skrupellose Rennstallbesitzer versucht Ednas Pläne zu durchkreuzen. Dafür ist jedes Mittel recht.

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Popularność




Edgar Wallace, Ravi Ravendro

Turfschwindel

Warschau 2017

Inhalt

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Mr. Luke ging gemächlich die Lower Regent Street entlang und betrachtete den neuen, großen Gebäudeblock, der während seines Aufenthalts in Südamerika hier errichtet worden war.

Auf allen Fensterscheiben des ersten und zweiten Stocks waren zwei große lateinische T ineinander verschlungen, und um diese wand sich ein grünes Band, das unten durch einen Knoten zusammengehalten wurde.

Langsam ging ein Grinsen über seine Züge. Das sah alles so schön und solide aus; es wirkte nicht als aufdringliche Reklame. Die Leute hatten inzwischen etwas gelernt. Statt schreiender Plakate lenkten nur die beiden goldenen Buchstaben und das grüne Band die Aufmerksamkeit auf den allwissenden Joe Trigger und seine Transaktionen. Die Farbtöne waren vornehm auf die prachtvolle Marmorfassade abgestimmt. Dem Äußeren nach hätte das Geschäft ebensogut eine Bank oder eine Reederei sein können.

Luke nahm eine Tagessportzeitung aus der Tasche und schlug sie auf. Eine große Anzeige nahm die ganze vierte Seite ein:

Triggers Transaktionen Nr. 7 wird zwischen dem 1. und dem 15. September laufen.

Die eingeschriebenen Mitglieder werden gebeten, ihre Dispositionen vor dem 1. September zu treffen. Die Bücher werden am Nachmittag des 31. August geschlossen und nicht wieder geöffnet vor dem 16. September, mittags 12 Uhr.

Gentlemen von tadellosem Ruf, die die Mitgliedschaft zu erwerben wünschen, wollen sich bitte wenden an:

Das Sekretariat von Triggers Transaktionen, unter dem Zeichen des grünen Bandes, 704 Lower Regent Street, London W. 1

Luke las die fettgedruckten Worte, die einen so großen Raum einnahmen, faltete die Zeitung wieder zusammen, steckte sie ein und setzte seinen Weg fort. ›Gentlemen von tadellosem Ruf‹ – das war der Grundton und das Fundament von Mr. Triggers Firma. Es war bedeutend leichter, in einen exklusiven Klub im Westend einzutreten, als Mitglied der Triggerschen Organisation zu werden und eine Karteikarte in dessen Kartothek zu erhalten.

Luke gelangte zum Piccadilly Circus und überquerte den großen, belebten Platz. Als er auf der anderen Seite ankam, sah er auf die große Uhr eines Juwelierladens. Er war stolz darauf, daß er unbedingt pünktlich war – wohlverstanden mit einem Spielraum von fünf Minuten, der in der Riesenstadt London auch ganz erklärlich war.

Er ging zu einem Restaurant in der Wardour Street, das zur Abendzeit viele Gäste hatte, mittags aber verhältnismäßig wenig besucht war. Es gab nicht weniger als drei Eingänge zu diesem Lokal, und Mr. Luke kannte sie alle. Er wußte allerdings nicht genau, in welchen Raum er gehen sollte, aber ein Kellner, der ihn für den vierten erwarteten Teilnehmer einer kleineren Gesellschaft hielt, führte ihn zu der Tür des reservierten Zimmers.

Ohne anzuklopfen trat er ein. Die drei Leute, die um den runden Tisch saßen, sahen zu gleicher Zeit zu ihm auf. Der eine war ein Hüne mit rotem Gesicht, breiten Schultern und dichtem, grauem Haar. Der zweite war ebenso groß und machte einen düsteren Eindruck. Der dritte dagegen war klein und korpulent und hatte listige, schwarze Augen.

»Guten Tag, und Gott grüße diese edle Versammlung«, sagte Luke und schloß die Tür leise hinter sich. Dann setzte er sich auf den vierten, leeren Stuhl. »Rustem kann leider nicht kommen; sein Dampfer hat wegen des Nebels im Kanal einige Verspätung. Warum er sich nicht ausbooten ließ und auf dem Landweg nach London kam, kann ich allerdings nicht sagen. Wenn ich so viel Geld hätte wie er –«

»Zum Teufel, Luke, wer hat denn Sie eingeladen, hierherzukommen?« explodierte der große Mann mit dem roten Gesicht.

»Niemand, Doktor.«

Luke war hager und sonnengebräunt; er hatte eine schlanke, geschmeidige Gestalt und einen etwas melancholischen Gesichtsausdruck, aber lebhafte, freundliche Augen.

»Niemand hat mich eingeladen. – Hallo, Mr. Trigger«, wandte er sich an den kleinen, korpulenten Herrn, »wie geht es mit Ihren Transaktionen? Sie haben Ihr Büro ja in einen wunderbaren Palast verlegt. Beinahe wäre ich versucht gewesen, einzutreten und mich als Gentleman von tadellosem Ruf in Ihrem Sekretariat zu melden. Ich dachte, es könnte Ihnen angenehm sein, zu erfahren, daß ich aus dem goldenen Süden zurückgekehrt bin. Und was machen Sie, Goodie? Fahren Sie auch zum Rennen nach Doncaster? Sie machen ja ein Gesicht, als ob Sie von einer Beerdigung kämen.«

Der düstere Mr. Goodie sagte nichts, er sah nur von einem zum anderen, als ob er erwartete, daß seine Gefährten ihm zu Hilfe kämen.

»Dies ist ein Privatzimmer«, erklärte Dr. Blanter heftig und laut, während sein Gesicht dunkelrot wurde. »Ich will hier keine verdammten Polizeibeamten in meiner Nähe haben. Machen Sie, daß Sie hinauskommen!«

»Hier sitzen ein paar hübsche alte Sünder beisammen. Ich möchte nur wissen, wieviel Jähre Gefängnis oder Zuchthaus dabei herauskämen, wenn die Polizei alles wüßte«, erwiderte er freundlich. »Nun, was für eine wichtige Konferenz halten Sie hier ab? Sie setzen wohl das Rennprogramm von Doncaster auf? Welchen neuen Schwindel haben Sie vor, Trigger? Ich bin eben an Ihrem Büro in der Regent Street vorbeigekommen. Ein großartiges Geschäftszeichen haben Sie sich zugelegt – ein grünes Band und zwei goldene T. Tatsächlich eine gute Idee.«

Dr. Blanter, der seiner Haltung und seinem Auftreten nach der Leiter der kleinen Versammlung war, unterdrückte seinen Ärger.

»Nun hören Sie mal zu, Sergeant –«

»Inspektor, bitte«, unterbrach ihn Luke. »Ich bin inzwischen wegen außerordentlicher Leistungen befördert worden.«

»Entschuldigen Sie, Inspektor.« Dr. Blanter schluckte. »Ich will hier kein Aufsehen erregen, und es soll auch keinen Spektakel geben. Sie haben aber kein Recht, bei uns hier einzudringen. Ich möchte nichts mit Ihnen zu tun haben – Polizeibeamte sind ja gut und schön, wenn sie sich in ihren Grenzen halten –«

»Sie haben kein Heim, niemand mag sie leiden, und alle Leute wenden sich von ihnen ab«, entgegnete Mr. Luke traurig. »Waren Sie auf Urlaub?« fragte Mr. Trigger, um die Unterhaltung ein wenig liebenswürdiger zu gestalten.

»Ja, in Südamerika. Wirklich ein schönes Land, dort sollten Sie einmal hinfahren, Doktor.«

»Kann alles noch kommen«, erwiderte Dr. Blanter und zwang sich zu einem Lächeln. »Aber ich habe zuviel zu tun und kann mir solche Ferienreisen nicht leisten. Ich versuche meinen Lebensunterhalt schlecht und recht auf der Rennbahn zu verdienen, ebenso meine Freunde –«

»Wenn ich wollte, könnte ich auch von den Rennen leben«, warf Luke ein. »Ich könnte ja von Ihnen im Jahr eine Zahlung von tausend Pfund erhalten, wenn ich mich verpflichtete, ein Auge zuzudrücken.«

»Haben Sie beweisen können, daß ich oder einer von uns je in eine dunkle Affäre verwickelt war?« fragte der Doktor jetzt zornig. »Habe ich jemals ein Verbrechen begangen? Also, Luke, allmählich wird es mir aber zuviel, daß Sie hierherkommen und uns nicht nur stören, sondern obendrein noch in der gröbsten Weise beleidigen. Morgen werde ich mich an Ihre Vorgesetzten wenden!«

»Was haben Sie denn ausgefressen, daß Sie der Polizei beichten wollen? Wenn Sie in Schwierigkeiten geraten sollten, brauchen Sie nur meinen Namen nennen, dann ist alles in Ordnung.«

Dr. Blanter lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

»Was wollen Sie denn eigentlich?« fragte er resigniert.

Luke schüttelte den Kopf.

»Nichts Besonderes. Ich spiele nur zu gern den schwarzen Mann, vor dem sich die unartigen Kinder fürchten. Auf diese Weise führe ich manches schwarze Schaf wieder auf den Pfad der Tugend zurück. Ich dachte, Sie würden sich dafür interessieren, daß ich in London bin und meine Tätigkeit hier wieder aufgenommen habe. – Welches Pferd wird denn das Saint-Leger-Rennen gewinnen, Mr. Trigger?«

Der dicke Mann zwang sich zu einem Lächeln. Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, aber er wischte sie nicht ab, weil er seine Verwirrung nicht zugeben wollte. Luke hatte ihn jedoch längst durchschaut.

»›Almond‹ hat meiner Meinung nach große Chancen«, entgegnete er leichthin. »In Beckhampton hält man sie für sehr aussichtsreich, und die Leute müssen es am besten wissen. Ich werde nicht mitwetten.«

»Das ist auch sehr klug von Ihnen. Das viele Wetten bei den Rennen ist tatsächlich ein Laster und ein Fluch. Dadurch sind schön viele Existenzen zugrunde gerichtet worden.«

Luke erhob sich von seinem Stuhl. »Was ist denn Transaktion Nummer 7? Ist das vielleicht ein Pferd von Goodie?«

Der düstere Mann schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Mr. Luke, wenigstens glaube ich es nicht. Mr. Trigger ist ein zu guter Freund von mir, als daß er Informationen geschäftlich ausnützte, die ich ihm unter der Hand geben kann.«

»Ach so, er ist ja auch ein Gentleman von tadellosem Ruf.«

Luke lächelte und schlenderte zur Tür. Dort blieb er noch einen Augenblick stehen.

»Ich bin also wieder da. Weiter wollte ich nichts sagen.«

Damit ging er hinaus und schloß die Tür geräuschlos.

Die drei schwiegen eine Weile.

»Trigger, sehen Sie doch einmal draußen nach«, bat der Doktor schließlich.

Der dicke Mann schaute sich auf dem Korridor um, ob Luke vielleicht stehengeblieben war und lauschte.

»Dort geht er eben über die Straße«, rief Mr. Goodie, der aus dem Fenster sah und die Straße unten beobachtete.

»Also, schließen Sie die Tür wieder und setzen Sie sich. Ich möchte nur wissen, warum er hergekommen ist!« Blanter war immer noch in großer Aufregung. »Der kann einen tatsächlich krank machen!«

»Rustem ist also noch nicht zurückgekommen?« fragte Trigger. »Sein Bürovorsteher sagte, daß er ihn heute morgen erwartete. Nur schade, daß wir ihn nicht vorher angerufen haben.«

Dr. Blanter machte eine abwehrende Handbewegung. »Wir wollen jetzt endlich zur Sache kommen. Also, wie steht es mit dem Pferd, Goodie?«

Die drei hatten dann noch eine ernste, lange Unterhaltung, bei der sie nicht mehr gestört wurden.

2

Früher hatte Mr. Rustem ein großes Messingschild mit einer pompösen Inschrift gehabt:

Arthur M. Rustem Rechtsanwalt und Notar

Eines schönen Tages wurde es aber abgeschraubt und durch ein kleineres, weniger anspruchsvolles ersetzt. Mr. Rustem war zu der Zeit auf Ferien und wohnte im ›Hotel Danielli‹ in Venedig, wo er ein Appartement mit Blick auf den Canale Grande und die schönen Bauten der Stadt gemietet hatte.

Telegrafisch wurde er von der neuen Sachlage verständigt:

Verhandlung gegen Sie hat heute stattgefunden. Starker verteidigte Sie glänzend. Richter verfügte aber Streichung auf der Anwaltsliste. Gruß Pilcher

Er saß gerade in einem berühmten Café am Markusplatz und aß Eiscreme, als ihm ein Hotelangestellter die Depesche überreichte. Er las sie vollkommen ruhig durch, ließ sich ein Telegrammformular geben und schrieb kurz darauf:

Ändern Sie Firmenschild in A. M. Rustem. Besten Dank.

Er gab dem Boten ein Trinkgeld und aß dann seine Eiscreme weiter. Andere Anwälte, die mehr Charakter und Ehrgefühl besaßen als er, hatten sich bei solchen Gelegenheiten das Leben genommen, aber ihn stimmte dieser Vorfall nicht traurig.

Er hatte von vornherein erwartet, daß die Anwaltskammer ihn aus der Liste streichen würde, und er war froh, daß es nicht auch noch zu einem Prozeß gekommen war. Seiner Meinung nach war es ja kleinlich, soviel Spektakel wegen ein paar tausend Pfund zu machen. Er hatte sie von dem Vermögen einer kindischen alten Dame genommen, deren Gelder er verwaltete. Sie war inzwischen gestorben, und ihre Erben waren dickköpfig genug, die Anzeige gegen ihn doch noch zu erstatten, obwohl er das Geld längst ersetzt hatte und die Leute sehr reich waren. Und nun hatte die Anwaltskammer die Konsequenzen daraus gezogen und ihn ausgeschlossen.

Er verwaltete nur noch das Vermögen eines anderen Klienten, aber das war so unbedeutend, daß es kaum der Mühe wert war, sich damit abzugeben. Er selbst besaß ein Vermögen von mehr als hunderttausend Pfund und hatte außerdem ein Einkommen von mindestens zehntausend Pfund jährlich. Es erschien ihm selbst lächerlich, daß er sich unter diesen Umständen dazu hatte verleiten lassen, fremde Gelder anzugreifen.

Einen Monat später kehrte er nach London zurück, und die neue Messingplatte an seiner Tür gefiel ihm, als er in sein luxuriös ausgestattetes Büro trat.

Sein Bürovorsteher begrüßte ihn grinsend. Der Mann war zwar noch ziemlich jung, aber tüchtig in seinem Beruf und gerissen. Seine Haltung und Kleidung zeugten davon, daß es ihm gut ging. Er sah entschieden eleganter aus als die Bürovorsteher anderer Rechtsanwälte. Abgesehen von seinem guten Gehalt, verdiente er auch noch viel Geld durch Rennwetten. Er ließ seine Anzüge bei demselben Schneider machen wie sein Chef, kaufte seine Hüte bei demselben Hutmacher und ließ sich bei dem gleichen Friseur rasieren. Mr. Pilcher nahm sich seinen Chef in jeder Weise zum Vorbild und hoffte, daß er eines schönen Tages auch in der Lage sein würde, sich einen so teuren und eleganten Wagen leisten zu können wie Mr. Rustem, und daß auch er nicht mit der Wimper zucken würde, wenn er als Rechtsanwalt aus der Liste gestrichen würde.

»Das war Pech, Pilcher. An Ihrer Stelle würde ich jetzt zu den Rechtsanwälten Doberry und Pank gehen«, sagte Rustem, als er hereinkam.

Er ließ sich in seinem Sessel nieder und sah die Korrespondenz durch, die auf ihn wartete.

Ein verächtliches Lächeln zeigte sich auf Pilchers Gesicht.

»Wenn es Ihnen recht ist, dann ist es auch mir recht. Ich mache mir sowieso nichts aus dem ganzen Kram.«

»So? Nun, das ist recht klug von Ihnen. An dem ganzen Rechtsanwaltsberuf ist auch nicht viel dran. Man ist nur ständig allen möglichen Angriffen ausgesetzt. – Rufen Sie den Friseur an und sagen Sie ihm, er soll eine Maniküre herschicken – die große Blondine. Wie heißt sie doch gleich... ach so, Elsie.«

»Die ist auf Urlaub, aber sie haben eine neue eingestellt – ich sage Ihnen, zum Anbeißen schön!«

Pilcher ging in den äußeren Raum, um zu telefonieren, während Mr. Rustem seine Briefe durchschaute und abwechselnd die Stirn runzelte und lächelte. Wenn er lächelte, sah er sehr gut aus – trotz seiner vierzig Jahre. Seine braune Haut war wunderbar zart und ohne Falten. Im allgemeinen nahm man an, daß er irgendwie orientalisches Blut in den Adern habe – ›Rustem‹ war sicher ein Name, der aus dem Orient stammte –, und auch manche Eigenschaften deuteten darauf hin, zum Beispiel sein großes Sprachentalent.

Man sagte von Rustem, daß er Zeugen in zehn verschiedenen Sprachen verhören könnte und daß er es verstände, in zwanzig verschiedenen Sprachen andere Leute zu erpressen.

In seinen jungen Jahren hatte er als Strafverteidiger einen großen Ruf. Vielen Schwindlern und Betrügern hatte er bei schweren Prozessen durchgeholfen, selbst wenn eine erdrückende Beweislast vorlag. Es gab kaum einen großen Betrüger in Europa, der sich nicht in der einen oder anderen Sache an ihn um Rat gewandt hatte.

Mr. Pilcher trat wieder ins Büro.

»Die junge Dame kommt sofort. Sie ist ein wenig zurückhaltender und feiner als die anderen, aber Ihnen wird sie wohl kaum zehn Minuten widerstehen können.«

Mr. Rustem lächelte über das Kompliment und wandte sich dann wieder seinen Briefen zu.

»Edna Gray«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf einen der Briefe. »Das ist doch die junge Dame, die das Vermögen des Alten erbte?«

Pilcher nickte.

»Sie war während Ihrer Abwesenheit einmal hier im Büro. Das wäre etwas für Sie, Mr. Rustem! Eine glänzende Erscheinung – und eine Dame! Außerdem jung. Sie kann meiner Ansicht nach höchstens zweiundzwanzig sein.«

Mr. Rustem hörte nur halb zu, denn Pilcher war immer begeistert; er hielt aber nicht viel von dem Geschmack des jungen Mannes.

»Ich möchte eigentlich die Verwaltung des Grayschen Vermögens loswerden. Die ganze Sache ist doch nur ein paar tausend Pfund wert. Ist sie die einzige Erbin?«

Pilcher bejahte. »Ich werde die Akte holen«, fügte er hinzu.

Gleich darauf kam er mit einer Mappe zurück, und Rustem sah den Inhalt durch.

»Ach so, dazu gehört ja auch die Gillywood-Farm. Das hatte ich ganz vergessen. Aber Goodie hat doch die Sache noch auf fünfzehn Jahre gepachtet. Longhall House – wo ist denn das?«

»Auch auf dem Landgut. Erinnern Sie sich nicht? Es ist ein Grundstück von etwa zehn Morgen. Sie versuchten doch immer, den alten Gray dazu zu bringen, daß er es auch verpachten sollte, aber der wollte nicht. Er sagte, das wäre sein Geburtshaus oder so etwas Ähnliches.«

Mr. Rustem nickte und strich nachdenklich seinen schwarzen Schnurrbart.

»Es wäre ja möglich, daß sie das Haus verpachtet. Mr. Goodie hat das letztemal auch darüber gesprochen, als ich ihn sah. Ich kann gut verstehen, daß er das Training seiner Pferde nicht beobachtet haben will.«

»Das große Gelände, wo er die Morgengaloppe abhält, gehört ihr auch. Es sind ungefähr tausend Morgen Heideland. Der alte Gray hat nur auf fünf Jahre verpachtet, und die Zeit ist nahezu abgelaufen.«

Mr. Rustem schloß das Aktenstück.

»Merkwürdig, daß ich das alles vergessen hatte, aber ich habe die Sache ja so lange allein verwaltet. Es kam mir gar nicht mehr in den Sinn, daß es sich um fremdes Eigentum handelt.«

Das war stets seine gewöhnliche Haltung und seine Einstellung all seinen Klienten gegenüber gewesen.

»Nein, die Verwaltung können wir nicht aus der Hand geben, das ist ausgeschlossen. – Die junge Dame soll also sehr schön sein?«

»Ich sagte Ihnen: bildhübsch! Sie ist nicht sehr groß, eher zierlich. Sie ist Engländerin, und obgleich sie lange Jahre in Südamerika gelebt hat, sieht sie nicht ein bißchen fremdländisch aus. Sie muß außerdem sehr reich sein. Das ist ja auch kein Wunder, wenn sie die Nichte und Erbin des alten Gray ist.«

Mr. Rustem interessierte sich nun doch mehr für Edna Gray. Über den verstorbenen Donald Gray wußte er sehr wenig. Der Mann hatte in Argentinien gelebt und große Viehfarmen besessen. Mr. Rustem hatte ihn niemals persönlich gesehen. Die englische Besitzung des alten Gray war früher immer von Rustems Partner verwaltet worden, als die Firma noch anders lautete und durchaus ehrlich war.

In diesem Augenblick meldete sich die Maniküre, und Pilcher verschwand aus dem Büro. Mr. Rustem dachte aber so intensiv an das Landgut von Miss Gray, daß er nicht den mindesten Versuch, machte, mit der hübschen jungen Dame anzubändeln.

*

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